St.-Notburga-Kirche in Eben am Achensee

Hoch auf der äußersten Kante des Schuttkegels, der das Inntal gegen das Achental abriegelt, liegt weithin sichtbar eines der bekanntesten Heiligtümer des „Landes im Gebirge“, die Kirche der Tiroler Volksheiligen Notburga von Eben. Wie ein treuer Wächter steht der massige, untersetzte Turm neben dem kleinen, schmucken Gotteshaus, in dem die schlichte Magd, die durch ihr demütiges Dienen groß geworden war in den Augen Gottes, ihre würdige letzte Ruhestätte gefunden hat. Es ist, als wäre die Kirche ein Sinnbild der Heiligen, die hier so viel verehrt wird: vornehm einfache das Äußere des Baues, wie ein Symbol unerschütterlichen Starkmutes der kräftige Turm; das Innere aber, der lichtdurchflutete, helle Raum mit seinem herrlichen Stuck und den ansprechenden Bildern wirkt, als sollte er die reine, reiche Seele der bescheidenen Dienstmagd wiederspiegeln.

„Die Wallfahrtskirche St. Notburga in Eben ist ein Prachtbau des Spätbarock auf dem Lande, der durch die Finanzierung des Grafen Josef Ignaz von Tannenberg zum Musterbau für Dorfkirchen im Unterinntal und von Innsbrucker Hofkünstlern geschaffen wurde“ (E. Egg).

Kurzer Abriss der Baugeschichte

vor 1400 bestand in Eben bereits ein dem hl. Rupert geweihtes Kirchlein, eine Rast-Kapelle nach dem steilen Weg „auf den Eben“ herauf.
1434 Erweiterung des Kirchleins bzw. Anbau eines neuen Langhauses. In der Weiheurkunde vom 20. August wird es „Kapelle zur hl. Notburga“ genannt; ebenfalls werden Rupert und Sigmund als Patrone von Altar und Kapelle erwähnt.
nach 1508 Neubau des Presbyteriums und des Turmes durch Meister Lienhart Plutauer von Rattenberg
1516 Die Seelsorge in Eben am Achensee wird zu einer Kuratie erhoben.
1718 Auffindung und Erhebung der Gebeine der hl. Notburga
1735 Bischöfliche Erlaubnis zur öffentlichen Verehrung der Reliquien
1736 - 38 Neubau der Kirche unter Belassung des alten Presbyteriums und Turmes; Planung: Georg Anton Gumpp oder Georg Philipp Apeller (nach E. Egg) beide Innsbruck. Stuckaturen: Anton und Augustin Gigl von Wessobrunn (nach Egg)
1738 Weihe der Kirche durch Fürstbischof Caspar Ignaz Graf Künigl von Brixen und Aufstellung der gefassten Reliquien auf dem Hochaltar (= Glasschrein mit dem bekleideten Sekelett der hl. Notburga)
1739 - 43 Bau des Widums mit geschwungenem Barockgiebel.
1862 Anerkennung des Kultes („Heiligsprechung“) der hl. Notburga durch Papst Pius IX
1891 Die Kuratie Eben wird zur Pfarre erhoben; sie konnte somit staatliche Zuwendungen erhalten.
1899 Umfassende „Restaurierung“ der Pfarr- und Wallfahrtskirche nach dem damaligen Empfinden
1990 Archäologische Grabungen durch W. Sydow/Innsbruck

Es konnte nachgewiesen werden, dass die zeitliche Datierung des Todes der hl. Notburga (1313) und ihre Beisetzung in dem Rupertuskirchlein dem Grabungsbefund entspricht.

1988 - 92 Vollständige Innen- und Außenrenovierung nach dem Gestaltungskonzept des frühen Rokoko.
1999 - 2003 Renovierung des alten Widums
2004 Eröffnung des Notburga-Museums im alten Widum (Pfarrhaus)

 

Außenbau

Der in 5/8 schließende Chor mit Ecklisenen und Kaff-Gesims und der nördlich angebaute Turm aus unverputztem Bruchsteinmauerwerk stammen noch von der gotischen Kirche.

Das barocke Hauptportal ist mit rotem (und weißem) Marmor gerahmt; aus dem gleichen Stein sind die Eckpilaster an der Fassade. Die Seitenportale sind jetzt zugemauert; sie dienten früher dem Einzug der Pilger in die Kirche. An der Giebelseite über dem Hauptportal befinden sich in den Marmorrahmen der ehemaligen Fassadenfenster drei Mosaikbilder, die St. Notburga und zwei Engel mit Blumenkranz und Lilie darstellen. Sie stammen aus der Innsbrucker Mosaikanstalt Pfefferle (1903).

Die Priestergedenkstätte neben dem Zugang zur Kirche wurde nach einem Entwurf von Dipl.Ing.Robert Kelca, Mils, vom Steinmetzmeister Franz Holzer, Schwaz, 1991 ausgeführt. Ein Meilenstein mit den Namen der verstorbenen Seelsorger seit 1934 steht am Weg, der hinauf zum Kreuz führt. Dieser Weg ist Christus (Joh 14,6), die Seelsorger weisen auf diesen Weg hin.

Kircheninneres

Der Innenraum ist eine saalartige, gewölbte Halle, deren Gestaltung entweder dem Hofarchitekten Georg Anton Gumpp oder Georg Philipp Apeller, ebenfalls Hofbaumeister in Innsbruck, zugeschrieben wird, was auf die Bedeutung dieses Kirchenbaues hinweist.

Das Langhaus hat vier Joche und ist durch Wandpfeiler und Fenster gegliedert.
Auf den Pfeilern setzt das Tonnengewölbe an, das durch große Stichkappen gelockert wird.

Die Stuckaturen gehören der früheren Wessobrunner Art an. Hofrat E. Egg konnte sie eindeutig den Stuckateuren Anton und Augustin Gigl aus Wessobrunn/Bayern zuordnen. Mit besonders schöner Stuckzier sind die Wappen der Familien Tannenberg und Starhemberg am Presbyteriumsbogen ausgezeichnet. Der herrliche Stuck, in zarten, hellen Farben getönt, bezaubernd in seiner Zierlichkeit und seinem flüssigen Schwung, ist es vor allem, der im Verein mit den meisterhaften Deckengemälden dem Gotteshaus seinen frohen Charakter verleiht.

Die fünf Hauptgemälde mit der Notburgageschichte (Hobelspanwunder, Sichelwunder, Ochsenwunder, Engelwunder, Notburga als Fürsprecherin) bilden mit den je fünf Seitengemälden (und ihren lateinischen Inschriften), den darunter geschriebenen deutschen Sprichwörtern und den je zu zweien angebrachten 16 Grisaillebildern verschiedener Tugenden eine kompositionelle Einheit“ (J.M. Oesch, Innsbruck)

Über dem Hochaltar erhebt sich eine Kuppellaterne mit runder Öffnung zum Himmel in raffinerter Scheinarchitekturmalerei, deren Ausführung wahrscheinlich noch vor der Stuckierung und Färbelung des Innenraums entstand.

Hochaltar

Über der Marmormensa (um 1900, sogen. Beuroner Stil) und kräftigen seitlichen Postamenten erhebt sich der beschwingte Säulenaufbau aus Stuckmarmor (18. Jh.); in der Mitte steht in der kapellenförmigen Nische hinter Glas der in kostbare, goldgestickte Gewänder gekleidete Leib der hl. Notburga; in der erhobenen Rechten erhebt sie die Sichel, die Linke nimmt die Schürze mit Brot empor; am linken Unterarm hängt die Kanne.

Auf Voluten neben den Säulen stehen barocke Schnitzfiguren von hervorragender Qualität; rechts der hl. Leopold, links der hl. Ignatius von Loyola, die Namenspatrone der Stifter des Altars, des Grafen Josef Anton Ignaz von Tannenberg und seiner Gemahlin Leopoldine von Starhemberg.

Im Oberbau befindet sich in einer kleinen Nische der frühere Kirchenpatron Rupert, flankiert von den Erzengeln Michael und Raffael, Putti mit Sichel, Schlüsselbund und Lilie. Sämtliche Hochaltarstatuen werden dem Stefan Föger zugeschrieben. Über der schon bezeichneten zweiten kleineren Nische unter einem zierlichen Baldachin kann man das Wappen der Grafen von Tannenberg erkennen; ganz oben das Auge Gottes.

Auch diese beiden Seitenaltäre (li: Hl. Familie, re: Kreuzaltar) entstanden wie der Hochaltar als Stiftung des Grafen Tannenberg um 1740/1741 und sind Meisterwerke der spätbarocken Tischler- und Bildhauerkunst.

Kreuzwegstationen

Sie sind an Wänden und Pfeilern in Schiff und Chor angebracht (in der Art des Christoph Anton Mayr, um 1760), die Rahmen stammen aus der ersten Hälfte des 19. Jh.

Kanzel

In einfachen barocken Formen geschnitzt; bei der letzten Restaurierung wurde die ursprüngliche Marmorierung des Kanzelkorpus aufgedeckt und dem Stuckmarmor des Dachs farblich angepasst (Rot-Grün-Ocker-Töne).

Volksaltar, Ambo und Kerzenleuchter mit Kreuz/Osterkerze

Sie wurden vom Bildhauer Hansjörg Ranalter aus Neustift im Stubaital 1988 zur 250-Jahr-Feier dieser Kirche geschaffen.

Altar: das Weizenkorn, goldeswert, lebensspendend und ausstrahlend. Jesus sagt: „Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt, bleibt es allein; wenn es aber stirbt, bringt es reiche Frucht.“ (Joh 12,24)

Ambo: eine reife Samenkapsel mit unzähligen Samenkörnern. Jesus sagt: „Der Same ist das Wort Gottes. Auf guten Boden ist der Same bei denen gefallen, die das Wort mit gutem und aufrichtigem Herzen hören, daran festhalten und durch ihre Ausdauer Frucht bringen. (Lk 8,11)

Orgel

Sie ist eines der letzten mechanischen Werke des Tiroler Orgelbaumeisters Franz Reinisch aus Steinach am Brenner; 1891 installiert (Orgelprospekt aber noch 18. Jh.); sie hat 17 Register und besteht aus ca. 1000 Pfeifen.

 

Hl. Notburga

Anwältin der Arbeitenden –
wenn Arbeitslosigkeit uns bedroht,
bitt für uns ein.
Zuflucht in all unseren Nöten-
wenn Menschen in Hunger und Elend leben,
sei du unser Vorbild der Hilfe.
Beschützerin der Bauern, des Viehs,
der Felder und Fluren –
wenn Natur und Umwelt missachtet werden,
rüttle uns auf.
Kämpferin für Freizeit und Sonntag –
wenn Sonntag und Freizeit bedroht sind,
sei du uns Mahnung.
Vorbild der Treue zu Gott –
wenn unser Gottvertrauen schwindet,
sei uns zugegen.
Hl. Notburga, bitte für uns. Amen.